Hinführung
Wie klingt ein Buch? Welche Geräusche, Lieder und Sounds finden wir auf den Seiten des Romans “City of Trees” der Autorin Chantal-Fleur Sandjon? Wie können wir Figuren und Themen des Buchs hörbar machen? Und was lernen wir über einen Roman, wenn wir uns fragen, wie er klingt – für uns und für andere?
Diesen Fragen gingen 32 Schüler:innen der 10. Klasse des Melanchthon-Gymnasiums in Marzahn-Hellersdorf in einem zweitägigen Workshop unter der (An)Leitung der Kulturakteurin, Kuratorin und Soundkünstlerin Nadine Moser und der Dramaturgin Sarah Israel nach. Gemeinsam mit den Schüler:innen und gerahmt von einem Besuch der Autorin begab sich der Workshop auf eine Reise in die vielfältigen Klangdimensionen des Romans. Die teilnehmende Klasse entwickelte in kreativen Zugriffen auf gewählte Textstellen eigene Lesarten, kleinen Kompositionen und Audioaufnahmen, die die Klangwelt des Romans „City of Trees“ zum Leben erweckten.
Der Workshop fand im Rahmen des Jungen Programms des internationalen literaturfestivals berlin (ilb) 2024 statt und war Teil der diesjährigen kooperativen Reihe „Echo. Echo: Temporal Collectives“ zwischen dem Cluster und dem Festival. Das Junge Programm des ilb präsentiert ein vielfältiges Lesungs- und Workshopangebot. Seine Aktivitäten verstehen sich als umfassende Initiative zur interaktiven Leseförderung und Stärkung interkultureller Kompetenzen. Der Workshop wurde finanziert und mitbetreut vom Exzellenzcluster „Temporal Communities“. Das Kinder- und Jugendliteratur-Programmteam des ilb hat den Workshop organisiert.
Wir danken der 10. Klasse des Melanchthon-Gymnasiums für ihr Engagement und ihre tollen Beiträge und der Autorin Chantal-Fleur Sandjon für ihren Besuch und das wunderbare Gespräch mit den Schüler:innen.
Workshopleitung: Sarah Israel & Nadine MoserOrganisation: Maud Ruget (ilb)
Lehrkräfte: Antje Maeder & Cathleen Lüdde
Audiobearbeitung: Nadine Moser
Texte und Dokumentation: Sarah Israel, Jan Fusek & Sima Ehrentraut
TEST:
Stimmen von Figuren vertonen
Wie klingt die Stimme der Protagonistin Khanyi? Oder die ihrer, aus Südafrika angereisten, Großmutter? Wie klingt es, wenn der Wald spricht, der ebenso die Stimme der Ahnen sein kann, wie die Stimme der Kinder, die zu Bäumen werden?
Und wie spricht der Käfer, der anscheinend inspiriert vom „Click- Song“[1] der Musikerin und Aktivistin Miriam Makeba als Figur in das Buch gewandert ist?
Ausgehend von diesen Fragen suchten kleine Arbeitsgruppen passende Textpassagen aus, erstellten kleine ‚Stimm-Skripts‘, d.h. Passagen mit Dialogen oder einzelne Textstellen, in denen eine Person spricht oder denkt. Diese Texte wurden dann gesprochen - alleine, abwechselnd oder chorisch, laut, leise, flüsternd, verzerrt... Manchmal übernahmen auch Instrumente einzelne Stimmen. Alle Gruppen arbeiteten zudem mit instrumentaler Begleitung oder Untermalung, um die Stimmung von Situationen oder die Emotionen einer Figur, besonders berührend auszugestalten.
Soundbeispiel
Erarbeitung kleiner Klanglandschaften
Nach einer kurzen Einführung in den Begriff Klanglandschaft (soundscape) und einer Erörterung ihrer Bedeutung für z.B. die Vertonung von Romanen in Hörspiele, widmete sich ein Teil der Schüler:innen am zweiten Tag des Workshops einer Arbeit mit dem gemeinsam erstellten Sound-Archiv. Ausgehend vom dem hier versammeltem Material führten die Schüler:innen erste Aufnahmen zusammen – insbesondere Geräusche und Klänge –, um auszuprobieren, was sich aus dem gemeinsam erarbeitetem Material kreieren lässt.
Soundbeispiel / Materialgallerie
Schlussakkord
Sich dem Roman über die Frage zu nähern wie er klingt, wie er vertont werden kann, wie die Gefühle von Protagonist:innen – oder einem selbst – ausgedrückt werden können, mit Instrumenten, Gesang, Sounds oder Geräuschen haben die Schüler:innen erprobt und wundervoll umgesetzt – Literatur ist eben nicht immer stille Lektüre und Analyse am Schreibtisch… to be continued beim ilb 2025.
[1] Qongqothwane ist ein traditionelles Lied des Xhosa-Volkes in Südafrika. Es wird bei Hochzeiten gesungen, um Glück zu bringen. In der westlichen Welt ist es vor allem als „The Click Song“ bekannt, da die Kenntnis der Sprache Xhosa eingeschränkt ist, bzw. da die Kolonisatoren nicht in der Lage sind, die Sprache der Xhosa zu sprechen.