Berliner Tagebuch – Diário de Berlim
Carvalho Bernardo (A), Douglas Pompeu (Ed.) – 2020
Mit seinen Romanen wurde Bernardo Carvalho als eines der großen Erzähltalente Lateinamerikas über Brasilien hinaus bekannt. In Rio de Janeiro 1960 geboren, zählt er zweifelsohne zu den wichtigsten Autoren der Gegenwartsliteratur. Sein Berliner Tagebuch, verfasst in Form kurzer crônicas, gibt seine Eindrücke von der Stadt Berlin während seines Autorenstipendiums im Jahr 2011 wieder. Aus insgesamt 45 Texten wurden für dieses Buch neun ausgewählt, die besonders eindrucksvolle Blicke in eine Stadt gewähren, die im Verschwinden begriffen ist. So taucht unter anderem der Künstler und Barbier Tim Pernitzsch als literarischer Impulsgeber auf, der 2013 verstarb. Es gelingt Carvalho durchgehend, die gängigen Klischees zu vermeiden, indem er den eigenen Blick stets hinterfragt und zuweilen ironisch bricht. Insgesamt funktioniert das Schreiben Carvalhos als Kunst- und Literaturkritiker nicht nur als eine Art Labor für seine Poetik, in dem er ein paradoxes Spannungsfeld für seine Romane erprobt, es gehört vielmehr zum Höhepunkt seines Schaffens. Im Berliner Tagebuch schildert er alltägliche Erlebnisse in der für ihn noch unbekannten Stadt Berlin und reflektiert humorvoll seine eigene Position als brasilianischer Autor in der Fremde.
Carvalho Bernardo. Berliner Tagebuch – Diário de Berlim. Translated by Rita Gravert and Christiane Quandt. Edited and with an afterword by Douglas Pompeu. Illustrations by Melissa Mendes. alba.edition 1. Berlin: Ripperger & Kremers, 2020.