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Folge VI - Verstellte Wörter und ihre Übersetzung. Ein Gespräch zwischen Uljana Wolf und Mona Körte über Ilse Aichinger

Im Zentrum der sechsten Folge der Translation Talks steht Ilse Aichingers Prosagedicht Dover, das 1976 erstmals im Band Schlechte Wörter erschienen ist. Doch Mona Körte und die Lyrikerin Uljana Wolf, die den Text zusammen mit Christian Hawkey ins Englische übersetzte, sprechen nicht nur über Aichingers kantige Sprache, ihre Wortwörtlichkeit oder über die Schwierigkeit, beim Übersetzen mit der Abwesenheit von Zusammenhängen umzugehen, sodass die Mitübersetzung des Scheiterns in diesem Kontext zur Kondition wird. In einer tastenden Bewegung gehen die beiden vielmehr dem Potential einer "schwächeren Architektur der Texte" nach und loten einen Übersetzungsbegriff aus, der nicht auf Übereinstimmung oder positiver Bezugnahme basiert, sondern stets auch das Verlorengehen in sich trägt. Dieses ist auch bei Aichinger ein zentrales Motiv, das sich nicht zuletzt mit Bezug auf die Shoah durch ihr gesamtes Werk zieht. Daran anschließend lässt sich Übersetzen auch als Untergehen der Sprache denken. So spricht Uljana Wolf unter anderem über die Ausstellung Die Hochsee der Ilse Aichinger im Literarischen Colloquium Berlin (LCB), die sie gemeinsam mit Marie Luise Knott kuratiert und die am 29. Oktober eröffnet wird. Die Ausstellung kreist um das Motiv des Meeres und des Verschwindens in Ilse Aichingers Werk und die Dynamik zwischen Untergehen und Rettung im Wort, das in seiner spezifischen Buchstabenkombination auch als Insel fungieren kann, als rettender Weg, um Bezüge herzustellen in der "tödlichen Vielfalt der Möglichkeiten", welche die Sprache ist. Durch diesen "Sprachstrudel" der Texte, in dem sich "jeder Satz aus dem Sagen und Tun des Vorhergehenden entwickelt", führen Mona Körte und Uljana Wolf bis in Aichingers "Innenraum der Sprache" hinein und werfen die Frage auf, ob der Innenraum nicht immer auch das Offene der Sprache ist.

Wir danken dem Verlag Seagull Books für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der englischen Übersetzung von Uljana Wolf und Christian Hawkey.