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Laute Plakate: Übersetzungswerkstatt und akustische Ausstellung – zur Sichtbarmachung gesprochener Literatur

Details Plakate: Gestaltungen von den Studios KlimaiteKlimaite (unten links), Pandan (unten rechts) und Zweifel (oben links und rechts)

Details Plakate: Gestaltungen von den Studios KlimaiteKlimaite (unten links), Pandan (unten rechts) und Zweifel (oben links und rechts)
Image Credit: Studio Zweifel

Literarische Texte existieren selten nur in schriftlicher Fassung, als Buch. Es gibt sie häufig zugleich auch in gesprochener Form: aufgeführt auf Bühnen, aufgezeichnet auf Tonbändern oder als Audiodatei. Nicht erst seit dem Boom der Podcasts und digitalen Hörformate wird Literatur gesprochen, aufgenommen und gehört – schon im 20. Jahrhundert haben zahlreiche Autor*innen Audioaufnahmen ihrer Texte und Stimmen hinterlassen. In den Archiven sind sie aber schwer zugänglich und bleiben, selbst wenn sie online abrufbar sind, weitgehend unsichtbar. Sie werden kaum gehört oder, wenn man so will, kaum gelesen. Aber wie können solche Aufnahmen aus den Archiven hervorgeholt und als akustische Texte sichtbar und lesbar gemacht werden?

Das Übersetzungsprojekt "Mündliche Typografie – Akustische Visualität" hat nach möglichen Antworten gesucht. Drei Grafikdesigner*innen wurden zu dem Experiment eingeladen, eine Auswahl gesprochener und gebärdensprachlicher Texte in Plakatgestaltungen zu übersetzen: Gedichtvorträge von May Ayim und Ernst Jandl, eine Romanlesung von Emine Sevgi Özdamar, eine gebärdensprachliche Poesie-Performance von Kassandra Wedel und eine Podiumsdiskussion zum Thema "Was verlangen Frauen von den Medien?". Mal wurden ganze Gedichte, mal nur wenige Zeilen oder einzelne Worte aufs Plakat gebracht. Die Lauten Plakate zeigen zwar schriftlichen Text, versuchen aber zugleich, die Besonderheiten des Gesprochenen und Performten aufzugreifen und visuell zu inszenieren: Stimme, Tonfall, Lautstärke, Dynamik, Rhythmus, Bewegung, Körperlichkeit, das Knacken des Mikrofons, das Lachen des Publikums. Zwölf Plakate sind entstanden, die die gesprochenen und performten Texte lautstark sichtbar machen. Sie können die hörbaren Texte nicht ersetzen, sondern als visuelle Verstärker dienen: Zusammen bilden Plakate und Aufnahmen die akustische Ausstellung, zusammen müssen sie gehört und gesehen, sprich: gelesen werden.

Die Ausstellung fand vom 9. bis zum 17. Juni 2023 im about_bookshop in Berlin statt.

Mit Video- und Tonaufnahmen von May Ayim, Ernst Jandl, Audre Lorde, Emine Sevgi Özdamar, Kassandra Wedel, Lea Rosh/Barbara Sichtermann/Antje Kunstmann/Gerburg Treusch-Dieter, aus den Archiven des Westdeutschen Rundfunks, der Freien Universität/Dagmar Schultz, des Literarischen Colloquiums, der Audio-Sammlung Klaus Wagenbach und von der Initiative Handverlesen für Literatur in Gebärdensprache.

Plakatgestaltungen von den Grafik-Studios KlimaiteKlimaite, Pandan und Zweifel. Ausführliche Credits zu den Plakatgestaltungen finden sich auf dem Begleitzettel zur Ausstellung (siehe Downloads)

Ein Projekt im Rahmen des Dissertationsprojekts von Katharina Mevissen und Teil der Reihe "Translation Talks" des Forschungsprojekts Dialog von Zeit zu Zeit: Übersetzen und literarische Mehrsprachigkeit, Research Area 4: "Literary Currencies".